Messe Report Medica 2019 - Wearable Technology Show

Messe Report Medica 2019 – Wearable Technology Show

Hallo Friends and Foes des 3D Drucks, wir sind wieder unterwegs, nach langer Zeit ein Update in Sachen 3D Druck und alles rund um Future Tech. Diesmal auf der Medica 2019, und im speziellen auf der Wearable Technology Show, einer Messe in der Messe, die sich speziell mit tragbarer Technologie beschäftigt.

Die Medica findet gemeinsam mit der COMPAMED in Düsseldorf statt und ist die international größte Medizin-Messe. Alle Messehallen sind belegt und ich hätte auch gern eine Woche hier verbringen können. Leider hatte ich aber nur einen kurzen vormittag Zeit, mich durch die Messehallen zu wühlen und auf dem Weg zu Halle 13 ein paar Stops einzulegen, um mir einige Neuheiten im Bereich 3D Druck anzuschauen.

Erster Stop war der Stand von Erler-Zimmer, einem Unternehmen aus Baden, das sich auf Anatomie Modelle spezialisiert hat. Hier hat natürlich auch schon der 3D Druck Einzug gehalten, als Hauptargument wurde die größere Detailtreue genannt. Die Modelle aus dem 3D Drucker sind gegenüber Spritzguss gefertigten Modellen erheblich teurer. Beispielsweise ein Handmodell würde mit ca. 600 Euro zu Buche schlagen, während ein traditionell gefertigtes Modell nur 150 Euro kostet.

3D Drucke machen nur ca. 5 Prozent des Produktkatalogs der Firma aus. Die Daten für die 3D Modelle stammen von CTs echter Leichen, sind also keine Nachbildungen von Körperteilen sondern direkte Kopien.

Die Firma startet auch mit einer AR App, hier sind bisher nur zehn Modelle verfügbar, der Katalog soll aber ausgeweitet werden.

 

Der nächste Stand der mich mit den typischen 3D Druck Vitrinen aufmerksam werden ließ, war der von der Firma Envisiontec. Auf die Frage was es neues in 2019 in Sachen 3D Druck gibt, kam die Antwort: Spritzguss. Jonas vom Standort Gladbeck zeigte mir die neuen, 3D-gedruckten Spritzgussformen, die Stückzahlen von 100 bis 1000 Schuss aushalten. Danach druckt man neue Formen. Gemeinsam mit dem SKZ wurden die optimalen Einstellungen für verschiedene Polymere erarbeitet.

Wir sind auf der Medica, also wurde auch der Bioplotter der Firma gezeigt, der spezielle Druckköpfe für verschiedene Anwendungen im Forschungsbetrieb besitzt. Mit dem Bioplotter lassen sich biokompatible Objekte für Implatologie drucken, Hydrogele zur Züchtung von Zellkulturen, auch ein Druckkopf mit besonders hoher Drucktemperatur für die Verarbeitung von Peek ist an Bord. Eine Neuvorstellung ist das Gerät nicht, es existiert bereits seit 2010 am Markt, ca 150 der Maschinen sind derzeit global im Einsatz.

Soweit so wenig innovativ. Schon bei unserem Besuch auf der Dentalschau in Köln hatten wir den Eindruck, das Mediziner ein konservatives Völkchen sind, bisher bestätige sich der Eindruck auch auf der Medica. Firmen mit Lönsungen, die bereits lange am Markt existieren zeigen Lösungen, die ebenfalls lang bewährt sind und nur in kleinen Schritten weiterentwickelt werden. Bei lebenswichtigen Geräten sind lange Innovationszyklen teilweise nachzuvollziehen.

Wo eine große Messe für egal was ist, Stratasys hat einen Stand. Diesmal mit einer Neuvorstellung am Start, einem speziellen digitalen Anatomie 3D Drucker. Die 3D Druckmaterialien sind mit Medizinern auf Grundlage existierender Technologie von Stratasys entwickelt worden um mit ihrer Haptik möglichst nah an echte Körperteile zu kommen. Ich habe noch nie ein echtes menschliches Herz in Händen gehalten, das Material fühlte sich aber schon besonders an.

Das Material soll auf Einschnitte mit Skalpellen reagieren wie das echte Gewebe und so besonders gute Trainingsmöglichkeiten für angehende Mediziner bieten.

Die Operation eingewachsener Zehennägel werden am neuen Zehsimulator mit tauschbaren, 3D gedruckten Zehennägeln geübt. Pro Übungsobjekt am Zehsimulator fallen Produktionskosten von ca. 20 Dollar an.

Ich hatte mich mittlerweile durch sechs oder sieben Messehallen gewühlt und auf dem Weg alle möglichen verrückt anmutenden Maschinen und Produkte gesehen. Endlich in Halle 13 angekommen, sah ich erstmal den Riesenstand der Landesregierung NRW, die mit Projekten und Kooperationen für den Standort NRW warb.

Doch die Zeit drängte, ich konnte nicht länger abschweifen, und ein paar Schritte weiter war ich auch schon and der speziellen Area der Wearable Technologies Show angekommen. 41 Aussteller zeigten hier ihre Produkte, oder solche die es werden sollen. Ich hatte ca. 90 Minuten Zeit ein paar Gespräche zu führen und mir ein paar Sachen anzuschauen.

Als erstes traf ich Hans-Jörg, von pocket sky. Die „Brille“ strahlt blaues Licht in die Augen und soll dabei helfen, morgens besser aus dem Bett zu kommen, den Winterblues vertreiben und für ein besseres allgemeines Wohlbefinden sorgen. Das Produkt ist bereit für den Launch im Dezember und eine erfolgreiche Crowdfunding Kampagne auf Kickstarter, sowie eine aktuell laufende auf Indiegogo brachten die ersten Kunden. Das Produkt an sich bedient sich der Erkenntnisse über den cirkadianen Rhythmus, die „innere Uhr des Menschen“ und unsere Abhängigkeit von Sonnenlicht. 20 Minuten am Tag sollen reichen um die positiven Effekte zu spüren. Gemeinsam mit der Uniklinik Wien laufen erste Wirkungsstudien.

Mein nächster Gesprächspartner war Martin von KOB electronic textiles.

Sein Produkt ist noch in einer sehr frühen Entwicklungsphase. Er entwickelt in seinem 4 köpfigen Team Textilien mit Drähten drin die kontinuierlich drei Parameter messen: Körpertemperatur, Feuchtigkeit und ph-Wert. Die Daten werden dann von einem bluetooth Modul an ein Modul übertragen, das die Daten auswertet. Martin zeigte an sienem Stand verschiedene Stoffproben, ein erster Demonstrator wird nächstes Jahr vorgestellt. Bis das Produkt marktreif ist, wird es noch 3 bis 5 jahre dauern. Das Ziel des Produktes ist es, Arztbesuche zu reduzieren. Die drei Parameter sollen, wenn sie simultan und kontinuierlich getracked werden, ausreichen um den gesamtgesundheitlichen Zustand des Patienten/Kunden (was sagt man dazu eigentlich heute? :) zu beurteilen und Arztbesuche auf wirklich notwendige Termine zu begrenzen. Das würde das Gesundheitssystem entlasten und so allen helfen.

Ein etwas dystopisch anmutendes Gerät wurde mir vom Praktikanten der Firma Vitascale gezeigt.

Das Startup existiert seit 2 Jahren und baut einen Helm der deinen Atem analysiert während du Sport machst, und dir damit genaue Angaben über deinen Stoffwechsel liefert. Ein erster Prototyp wurde gezeigt, es soll später mit Anbindung auf einer Smartphoneapp laufen, bisher gibt es allerdings nur ein Mockup und die Software läuft auf Windows.

Smarte Textilien sind ein großes Feld für Innovation, besonders mit dem Advent von Internet der Dinge und besseren Sensoren aber speziell auch besseren, kleineren Batterien und tragbaren Dynamos, öffnen sich mannigfaltige Anwendungen.

Am Stand AiQ smart clothing konnte man schon ein paar dieser Innovationen begutachten. Hier wurden natürlich auch wieder Anwendungen wie Langzeit Monitoring von Körperfunktionen und Anbindung an Telemedizin hervorgehoben. Ein Smarter Patch, der aus textilen Materialien Besteht ist, in ein Shirt eingenäht, in Kontakt mit der Haut und sendet die gewonnen Daten der verbauten Sensoren durch in Stretchstoffe eingebette Kabel an ein mit Druckknöpfen befestigtes Modul mit einem Sender. Dieses sendet dann die Daten kabellos an einen Receiver und von dort in die Cloud. Die Daten können so direkt an den behandelnden Arzt oder andere Menschen, wie Familienangehörige gesendet werden. Dadurch, dass dies alles in einem vollkommen normal aussehenden und auch vom Tragekomfort normalen Kleidungsstück geschieht, ist es für viele Menschen eine enorme Verbesserung der Lebensqualität. Aktuell müssen noch viele Körperfunktionen regelmässig selbst gemessen und dokumentiert werden, was viel Disziplin erfordert.

Einen ähnlichen Ansatz hatte auch der junge Gründer Linh und Erfinder von Bonbouton aus New York, USA. Seine Schuheinlagen sollen eines Tages helfen, die Fussamputation von Diabeteskranken zu vermeiden. Sein Prototyp ist ebenfalls noch nicht marktreif, derzeit führt auch er Studien mit zwei New Yorker Krankenhäusern durch, um die Wirkung seiner Erfindung zu testen. Eine flexible Platine misst, eingelegt in die Schuhe des Patienten relevante Daten, die er nicht verraten wollte und zeigt den Zustand des Fusses in Form einer Ampel an. Bei einer kritischen Verschlechterung des Zustandes wird der behandelnde Arzt informiert. Linh setzt auf ein Abomodell, das 20 Dollar pro Monat kostet. Inbegriffen ist der Austausch der Innensohle alle 4 Monate. Wenn ich mehrere Paar Schuhe habe, kann ich auch mehrere Pakete für meinen Account buchen. Das Produkt soll in 2020 auf den Markt kommen.

Die Firma Greenteg ist seit zehn jahren am Start und hat sich auf einen einzigen Parameter spezialisiert: Die Körperkerntemperatur.

Die Firma betreibt ein sogenanntes b2b Modell, die stecknadelkopfgroßen Sensoren von Greenteg werden bei anderen Firmen in deren eigene Wearables eingebaut. Und das nicht nur für Menschen: ein Kunde am Markt nutzt die Sensoren um die Temperatur bei Pferden zu messen.

Die Firma Quad ist Spezialist für gedruckte Elektronik und hat sich in den letzten 5 jahren neu orientiert. Die zwei neuen Märkte die als Wachstumsstark im Bereich Printed Electronics identifiziert wurden sind Automotive und Wearables. Quad druckt Schaltkreise direkt auf Textilien und verschiedene flexible Materialien.

Selbst entwickeln Sie keine Wearables, diese werden von ihren Kunden entwickelt und dann von Quad integriert. Quad hat sein Hauptquartier in der belgischen Region Flandern, in der Nähe von Antwerpen.

Ein weiterer Zulieferer für die Wearable Industrie sind Ebv Electronik aus München. Sie verkaufen Halbleitertechnologie und zeigten ebenfalls Sneaker mit smarten Innesohlen in Kooperation mit dem Niederländischen Startup Arion als showcase.

Ebv stellt ebenfalls selbst keine Wearabels her, sondern beteiligt sich im Designprozess als Berater, welche Halbleitertechnologien am besten geeignet sind um sie in die Produkte einzubetten.

Ebv ist seit mehreren Jahren im Wearable Bereich aktiv, und ein Mitarbeiter hat ein paar Trends für die nächsten 5 jahre verraten: Smart Clothing, Sensorik in Schuhen werden weiter dominieren und zwei Handgelenke werden nicht reichen um alle coolen neuen Wearables daran zu befestigen. Also muss man wohl in Zukunft auf neue Körperteile ausweichen: Unsere Ohren geraten ins Visier der Wearable Industry, um Vitalfunktionen zu messen sind sie sowieso weitaus besser geeignet als die Handgelenke.

 

Nicht nur für die Handgelenke sind die Lightpatches (dt. Lichtpflaster) von Carewear. Die bunt leuchtenden Pflaster werden als wearable therapeutics, also tragbare Therapie angepriesen, und sollen bei leichten Verletzungen, wie Überdehnungen und Verstauchungen die Heilung anregen. Das Unternehmen aus den USA fokussiert Sportteams, und hat laut Aussage von Entwickler und Gründer Chris bereits Anwendung in 30% aller Leistungssprotteams in den USA Anwendung gefunden. Das Produkt ist seit einem Jahr am Markt und will nun auf dem europäischen Markt Fuss fassen.

Der Besuch auf der Messe war wie immer zu kurz, ein paar Eindrücke konnte ich doch mitnehmen. Wearables stehen noch am absoluten Anfang. Viele Produkte sind noch nicht marktreif, coole Designs sucht man fast vergeblich. Gerade in der Medizinbranche, wo Endgeräte viele Sicherheits- und Gesundheitsstandards, vom Material über das Design, bis hin zu Nutzungsfunktionen erfüllen müssen, die sich auch noch international unterscheiden, ist das in Teilen auch verständlich. Hier sehe ich großes Potential für die Hersteller und Ingenieure, sich noch stärker in der Kreativ Community zu orientieren und Kreative in die Entwicklungsprozesse einzubeziehen. Nicht nur Designer, sondern z.B. Performancekünstler können gerade wenn es um Bewegung und Komfort geht, sicherlich großartige, neue Anstösse geben.